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Professor Ernst Fabricius (1857-1942)

Ernst Fabricius

Ernst Fabricius. Das ist der Name des Mannes, der wie kein anderer den Spuren der römischen Geschichte in unserer Heimatgemeinde nachgegangen ist, der sie vielfältig dokumentiert und wissenschaftlich aufbereitet hat. Der nach umfangreichen Grabungen den Verlauf des römischen Limes in Pohl bestimmen konnte und der als eigentlicher "Entdecker" des Pohler Limeskastells gelten muss. Dass sein Name dennoch bei uns lange Zeit in Vergessenheit geraten konnte, lässt sich nur dadurch erklären, dass in der armen Landbevölkerung unserer Heimat vor und zwischen und nach den beiden Weltkriegen kein Platz war für den Gedanken an historische Spuren. Zu sehr war man hier stets mit der eigenen Existenzsicherung und den Problemen der jeweiligen Gegenwart beschäftigt.

Fast ein Jahrhundert ist vergangen, seit Ernst Fabricius mit zahlreichen Helfern in Pohl seine Gräben gezogen, den Boden untersucht und Turmfundamente vermessen hat - in jenem kleinen Dorf also, dessen Name ganz unmittelbar vom Limes, vom "Pfahlgraben", herrührt. Das Jubiläumsjahr 1997 war für den Festausschuss Anlass, nun seinerseits dem Leben des Ernst Fabricius nachzuspüren und zu fragen, wer er war und was aus ihm geworden ist. Bei den Recherchen halfen freundlicherweise auch Mitarbeiter und Archivare der Städte Darmstadt, Freiburg, Lörrach und Achern sowie Prof. Dr. H. U. Nuber von der Abteilung für Provinzialrömische Archäologie an der Universität Freiburg und Dr. E. Schubert von der Römisch-Germanischen Kommission des Deutschen Archäologischen Instituts in Frankfurt. Nach ihren Auskünften, nach späteren Ergänzungen aus dem Kreise seiner Familie und nach Auswertung des verfügbaren Schrifttums ergibt sich - knapp zusammengefasst - folgendes Lebensbild:

Ernst Christian Andreas Martin Fabricius wurde am 6. Sept. 1857 in Darmstadt geboren. Sein Vater August Karl Fabricius war hessischer Beamter und aus Arnsburg bei Lich in Darmstadt zugezogen. Die Familie, zu der auch noch ein Bruder und zwei Schwestern gehörten, hat Darmstadt wohl schon nach wenigen Jahren wieder verlassen, denn der Vater war bald darauf in Hannover, Berlin (1876) und Straßburg tätig. An der neugegründeten Universität Straßburg und zeitweise in Bonn studierte Ernst Fabricius Geschichte. Nach seiner Dissertation (Griechische Architektur) 1881, wurde er als Dr. phil. Assistent an den Berliner Museen und 1886 Privatdozent für Klassische Philologie, Archäologie und Alte Geschichte in Berlin. Von hier aus brach er zu mehreren langen Arbeitsaufenthalten nach Griechenland und Kleinasien auf. Bei den Ausgrabungen in Pergamon und bei Aufsehen erregenden Forschungsreisen auf die Inseln Lesbos, Samos und Kreta machte er sich bald einen Namen. 1888 wurde er auf den neu geschaffenen Lehrstuhl für Alte Geschichte an die Universität Freiburg berufen. Hier entwickelte er sich bis zu seiner Emeritierung 1926 zu einer der einflussreichsten und angesehensten Lehrerpersönlichkeiten. Er verstand es, bei vielen seiner Studenten echte Begeisterung für Altertumsstudien zu wecken. Zu den Eigenschaften, die man an dem Gelehrten Ernst Fabricius rühmte, gehörte neben seiner wissenschaftlichen Kompetenz vor allem die Bescheidenheit, mit der er stets seine Person der Sache unterordnete. Nie soll er über seine eigenen großen Leistungen und Ehrungen vergessen haben, was andere Mitarbeiter und was seine Schüler zum Gelingen seines Werkes beigetragen haben. An der Universität bekleidete er die Ämter des Fakultätsdekans, des Rektors und des Vorsitzenden der Kommission zum Bau der Neuen Universität (1911).

Während sich die Verdienste des Wissenschaftlers Fabricius einigermaßen klar festmachen und umreißen lassen, ist vom Menschen Fabricius, von seinem politischen Denken, von seinem gesellschaftlichen Engagement, relativ wenig bekannt. Zehn Jahre nach den Recherchen unserer Ortsgemeinde wurden wir auch mit Facetten seiner Persönlichkeit konfrontiert, die man – erst recht aus der geschichtlichen Distanz von rund 100 Jahren – natürlich nicht gutheißen kann: Demnach setzte sich Fabricius in öffentlichen Veranstaltungen auch für die Verbreitung "des Deutschtums" ein und leistete damit, zusammen mit vielen anderen Persönlichkeiten seines Freiburger Bekanntenkreises, dem kolonialistischen Gedankengut Vorschub, das die Politik des Kaiserreiches jener Jahre bestimmte. Aus Gründen der Redlichkeit soll auch dies hier nicht verschwiegen sein.

Aus dem Kreise seiner Familie schreibt Dr. Reinhard W. Wettmann dazu: "Er stand den Nationalliberalen sehr nahe und war Mitglied der Ersten Badischen Kammer, lehnte aber die Übernahme eines Reichstagsmandates in der Weimarer Zeit zu Lasten seiner wissenschaftlichen Tätigkeit ab. Er stammte aus einer Familie von Theologen, Philosophen und Naturwissenschaftlern. Direkte Vorfahren waren Grossherzogliche Geheime Kabinettssekretaere in Darmstadt (Schleiermacher), sein Vater war Preussischer Delegierter beim Deutschen Zollverein und Generaldirektor der Finanzen der Reichslande Elsass-Lothringen in der Bismarckzeit. So war er sicher der republikanisch-parlamentarischen Demokratie weniger verbunden als der konstitutionellen Monarchie. Er war kein Freund der Person des letzten deutschen Kaisers, den er kannte, aber vermutlich des Kaisertums. Der Verlust seiner Heimatstadt Strassburg Ende des Ersten Weltkrieges hat möglicherweise seine patriotische Gesinnung auch in eher national-konservative Bahnen gelenkt. Zum Dritten Reich äußert er sich in seinen Erinnerungen kaum, vermutlich weil es unter seinen Nachkommen sowohl hohe Berliner Beamte wie Theologen aus des Umfeld von Martin Niemoeller und des Kreisauer Kreises gab. Er hat aber mit seinen jüdischen Freiburger Universitätskollegen bis zu deren erzwungenem Exil Kontakte gehalten."

Vom Privatmann Ernst Fabricius wissen wir seit jüngerer Zeit, dass er zweimal verheiratet war. Seine erste Frau, Sophie Lampe, stammte aus Leipzig und verstarb allzu früh, seine zweite Frau. Mathilde Hirzel, stammte aus Zürich. Er hinterließ drei Söhne und zwei Töchter sowie zahlreiche Enkel und Urenkel – Familien mit den Namen Fabricius, Soergel, Wettmann und von Rohden.

War die Arbeit von Ernst Fabricius am Beginn seines beruflichen Werdegangs eng mit dem alten Griechenland und seiner Architektur verknüpft, so verlagerte sich der Schwerpunkt seines Schaffens bald in einen anderen Bereich, der zu seinem eigentlichen Lebenswerk werden sollte. In der Mitte des 19. Jahrhunderts wuchs in Deutschland allmählich das Interesse an der Erforschung des römischen Limes, und vereinzelt gründeten sich in den deutschen Ländern Interessenvereine und Kommissionen, denen aber mehr begüterte und interessierte Aristokraten oder mit der Landschaft vertraute ehemalige Offiziere als kompetente Wissenschaftler angehörten. Die selbständigen Limes-Anrainerstaaten Baden, Württemberg, Bayern, Hessen und Nassau bzw. Preußen arbeiteten dabei mit bescheidenen Mitteln eher nebeneinander als miteinander. Mit der Gründung des Deutschen Reiches (1871) verbesserten sich die Rahmenbedingungen, und die Bemühungen von Theodor Mommsen und Karl Zangemeister führten letztlich zu einem Reichstagsgesetz, das am 16. Januar 1892 die gemeinsame Reichslimeskommission ins Leben rief. Auf fünf Jahre sollte die Arbeit befristet werden, aber mit jedem Spatenstich wurde deutlicher, dass Zeit und Geld nicht ausreichen und am Ende fast mehr Fragen offen als beantwortet sein würden. Was die Streckenkommissare bei ihren Ausgrabungen und Forschungsarbeiten bislang herausgefunden und oft nur unvollständig notiert hatten, übergab man nun, am 1. Juni 1898, zur Aufarbeitung und zu eventuellen Nachforschungen einem neuen Verantwortlichen: Ernst Fabricius, Professor für Alte Geschichte an der Universität Freiburg.

Es war zweifellos die überragende Persönlichkeit von Ernst Fabricius, die das Gesamtwerk der Reichslimeskommission rettete. Alter und Tod lichteten bald die Reihen der Verantwortlichen, die einst das Werk begonnen hatten, unfertig hinterlassene Arbeiten und offene Fragen verhinderten abschließende Beurteilungen, immer wieder fehlten die finanziellen Mittel zur Fortführung des Projekts. 1897 bereits war er stellvertretender Streckenkommissar für den Limes-Abschnitt in Hessen-Nassau geworden. Leiter im hiesigen Abschnitt war damals Dr. Robert Bodewig aus Lahnstein, wo heute eine Straße seinen Namen trägt und an ihn erinnert. Ernst Fabricius führte konkret hier in Pohl die Grabungen und Untersuchungen durch. Noch völlig unklar war zu diesem Zeitpunkt die Existenz eines Limeskastells in Pohl, von dem man immer nur angenommen hatte, dass es hier existiert haben müsse. Die Grabungsergebnisse gaben aber keine eindeutigen Hinweise. Auch hier ist es Ernst Fabricius, der 1902 auch den Gesamtvorsitz im geschäftsführenden Ausschuss der Reichslimeskommission übernommen hatte, zu verdanken, dass neuerliche Grabungen 1903 durchgeführt wurden, um mehr Klarheit am Limes in Pohl zu erreichen. Immerhin führten diese Bemühungen im August und September zum Nachweis eines Kleinkastells und einiger Gebäudespuren im Umfeld.

Die Zusammenführung aller Untersuchungen und Arbeitsergebnisse in einem großen Werk aber ließ noch lange auf sich warten. Für Ernst Fabricius wurde es ein Lebenswerk. Zu immer neuen Rückschlägen kamen die Jahre des Ersten Weltkrieges, die ihm nicht nur Zeit und Energie, sondern auch manchen hoffnungsvollen jungen Mitarbeiter raubten. Er selbst leistete seinen Kriegsbeitrag als Etappendelegierter bei der Freiwilligen Krankenpflege, und er erhielt das Eiserne Kreuz Erster Klasse. Der neuerliche Anlauf am Beginn der zwanziger Jahre wurde wiederum im Dritten Reich gestoppt, dessen Machthaber zahlreiche unliebsame Mitarbeiter aus den Ämtern drängten und die Bemühungen um Beendigung des Projektes nach einer Weile nicht mehr unterstützten. So war es letztlich wieder eine ganz persönliche Leistung von Ernst Fabricius, dass er die Fertigstellung des Gesamtwerkes nach seinem Ausscheiden als Hochschullehrer in Freiburg 1924 privat weiterverfolgte. Noch 72-jährig ertrug er die Lasten langer Ausgrabungstage, an denen er die Arbeitsergebnisse meist schon verstorbener Streckenkommissare im Gelände überprüfte, und auch die Anzeichen eines beginnenden Herzleidens hielten ihn nicht von seiner Arbeit ab.

Noch im Alter von 80 Jahren arbeitete er daran, und 40 Jahre nach seinem Eintritt in die Reichslimeskommission gelang ihm 1937 der Abschluss der Reihe "Der Obergermanisch-raetische Limes des Römerreiches". Bis heute ist dies ein in seiner Länge, Genauigkeit und Ergiebigkeit einmaliges Grundlagenwerk für jeden, der sich mit der römischen Geschichte auf deutschem Boden beschäftigt.

Hoch angesehen in seiner Heimatstadt und nicht nur von der Fachwelt als einer ihrer Großen gewürdigt, verstarb Ernst Fabricius im 85. Lebensjahr am 22. März 1942 in Freiburg.

Für Pohl, das wie kaum ein anderes Dorf seine Anfänge am Limes festmachen kann, sind die Aufzeichnungen von Ernst Fabricius natürlich von ganz besonderer Bedeutung. Viele seiner wissenschaftlichen Nachfahren sahen es deshalb gerne, dass man in Pohl nun nach einer Möglichkeit suchte, seinen Namen wieder populär zu machen und die Erinnerung an ihn lebendig zu erhalten. Im Jubiläumsjahr 1997 wurde deshalb im gerade angelegten Pohler Neubaugebiet "Im Oberfeld" die neue Straße nach Professor Ernst Fabricius benannt.

Auch im weltweit einzigartigen Pohler Limes-Kleinkastell, mit dessen wissenschaftlich begleitetem Bau 2009 begonnen wurde und zu dem auch ein Limes-Informationszentrum des Landes Rheinland-Pfalz gehören wird, soll sein Name und sein Werk präsent sein. In der kleinen Gemeinde kümmert sich seit 2007 ein Freundeskreis darum.

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